Interdisziplinäres Zentrum für Health Technology Assessment und Public Health (IZPH)

Über uns

Gesellschaften, die einem demografischen Wandel und dabei gleichzeitig Budgetbeschränkungen unterworfen sind, sehen sich mit den Herausforderungen einer effizienten Bereitstellung von Gesundheitsleistungen, einer Qualitätsverbesserung und gleichzeitigen Kostenreduktion konfrontiert. Dies gilt insbesondere für das deutsche Gesundheitssystem. Die Lösung dieser gesellschaftlich bedeutsamen Aufgaben erfordert eine fachübergreifende Versorgungsforschung.
Mit der Gründung des Interdisziplinären Zentrums für Health Technology Assessment und Public Health (IZPH) im Jahr 2001 entstand bislang erstmalig in Deutschland ein thematischer und fakultätsübergreifender Verbund der Medizinischen, Technischen, Wirtschaftswissenschaftlichen und Sozialwissenschaftlichen Fakultäten der FAU Erlangen-Nürnberg. Zielsetzung des IZPH (Leitung: Univ.-Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas, MBA) ist die wissenschaftliche Politikberatung auf Grundlage von Bevölkerungs- und Registerdaten sowie der Analyse der Gesundheitsversorgung unter Alltagsbedingungen.

Versorgungsforschung/„Real-world evidence

In Deutschland werden jeden Tag rund 900 Betroffene mit Demenz und rund 600 Schlaganfälle neu diagnostiziert. Diese Zahlen verdeutlichen sehr anschaulich den hohen gesundheitspolitischen Stellenwert der beiden Volkskrankheiten Demenz und Schlaganfall sowie deren Public-Health-Auswirkungen für die sozialen Sicherungssysteme (Kolominsky-Rabas et al., 2020). Bevölkerungsbasierte Register zur Versorgungsforschung von Demenz und Schlaganfall sind deshalb die Forschungsschwerpunkte des IZPH (Kolominsky-Rabas et al., 2017). Die Daten werden für Analysen zum Versorgungsbedarf, Behandlungskosten und für Mustererkennung im Rahmen des „maschinellen Lernens“ genutzt (Vodencarevic, Weingärtner, Kolominsky-Rabas et al., 2022).

Register zur Versorgungsforschung

Health Technology Assessment/Technologie-Folgenabschätzung im Gesundheitswesen

Das IZPH analysiert auf der Grundlage von Health Technology Assessment (abgekürzt HTA) umfassend, unabhängig und vorausschauend die Potenziale wissenschaftlich-technischer Entwicklungen im Gesundheitswesen und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Unter HTA wird die systematische, evidenzbasierte Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien im Hinblick auf deren Effekte auf die Gesundheitsversorgung verstanden. Die Dimensionen der Bewertung können dabei über den bloßen medizinischen Nutzen hinausgehen und auch ökonomische, ethische, soziale sowie weitere Auswirkungen berücksichtigen. In Deutschland ist eine systematische Nutzenbewertung mit Konsequenzen für die Gesetzliche Krankenversicherung gesetzlich beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) verankert.

Ein Schwerpunkt des IZPH liegt dabei auf der Bewertung der Wirksamkeit von sog. digitalen Gesundheitsanwendungen (DIGA) und der methodischen Qualität der DIGA-Zulassungsstudien (Kolominsky-Rabas et al., 2022; Zeiler et al., 2023).
In Kooperation mit dem Medizintechnik-Spitzencluster Medical Valley EMN untersucht das IZPH die strukturellen und inhaltlichen Anforderungen, denen Implantat-Register genügen müssen, um den Schutz der Bevölkerung sicherzustellen. Konzepte der Qualitätssicherung, Transparenz der Daten, Berichterstattung gegenüber der Öffentlichkeit (Reporting) und Aspekte einer unabhängigen Finanzierung der Implantat-Register stehen dabei im Vordergrund (Zhang, Kolominsky-Rabas 2018).

Gesundheitsökonomie

Die Gesundheitsausgaben in Deutschland haben im Jahr 2017 erstmals die Marke von einer Milliarde Euro pro Tag überschritten. Im Jahr 2021 betrugen die Gesundheitsausgaben gemäß Destatis insgesamt 474 Milliarden Euro, was einem Anteil von 13,2% am Bruttoinlandsprodukt entspricht. Der hohe Anstieg ist insbesondere in den hohen Versorgungskosten für chronische Erkrankungen begründet. In Anbetracht der demographischen Entwicklung in Deutschland und der damit verbundenen Alterung der Gesamtbevölkerung ist von einer weiteren Zunahme der Versorgungskosten im Bereich der altersbedingten Erkrankungen auszugehen.
Die Forschungsschwerpunkte des IZPH sind deshalb Krankheitskostenstudien zu Volkskrankheiten mit einer hohen Public-Health-Relevanz für die Versorgungssysteme, wie Demenz, Schlaganfall und Herzinsuffizienz (Kolominsky-Rabas et al., 2006; Lesyuk et al., 2018).